Scania Citywide mal zwei
 
SCANIA CITYWIDE LF UND LE

Foto: Markante Front: Scania Citywide, hier als Low-Entry-Bus in 12 m Länge und mit zwei Türen. (links)
Citywide LF, ein Vollniederflurbus mit Motorturm im Heck, hier in 12 m Länge mit Innenschwenktür vorn
und Außenschwenktüren mittig/hinten. (rechts)

SCANIA CITYWIDE LF UND LE

Der Niederflur Stadtbus und seine Low-Entry-Version zeigen ihre Stärken im Test

Sukzessive erneuert, ist Scania heute mit einem vielseitigen Angebot auf dem deutschen Markt präsent. Wir haben den Vollniederflurbus Citywide „LF" sowie die Low-Entry-Variante „LE" getestet, beide als Zweiachser in Standardlänge.
Der Trend zu einem markanten Design hat sich längst im ÖPNV durchgesetzt. Dem entspricht der 2011 zur Busworld präsentierte Citywide, der anstelle einer freundlich lächelnden Frontpartie – wie beim Vorgänger OmniCity – nun mit zackig geformten Lampen und einer forsch wirkenden Linienführung um Aufmerksamkeit buhlt. Neu und damit windschnittiger sind bündige Übergänge an der Frontscheibe, die geklebt statt mit dicker Gummiwulst eingelassen ist. Die seitliche Fensterbrüstung verläuft gradlinig und wird nur durch die Einstiege unterbrochen.

Bei der Anpassung auf Euro 6-Antriebe ist die Heckpartie des Citywide praktisch unverändert geblieben. Gut für die Werkstatt: An den exponierten Stellen vorne und hinten ist die Karosserie modular gestaltet worden, ebenso sind die Seitenflächen zweiteilig ausgeführt – dies erleichtert Reparaturen und hält die Kosten niedrig.

Zwecks bestmöglicher Gewichtsverteilung befinden sich die Tanks – beidseitig mit je 150 l Fassungsvermögen – über der Vorderachse. Getankt wird allerdings nur von der rechten Seite aus, wo der Füllstutzen hinter einer unauffälligen Klappe in das Seitenfenster über der Vorderachse eingelassen ist. Ein Stück tiefer, noch vor der Achse, sitzt der AdBlue-Tank. Auch Heizöl wird in diesem Bereich nachgefüllt, zumindest beim Vollniederflurbus; dagegen befindet sich bei der LE-Variante der Heizöltank zwischen Hinterachse und Tür 2.
Knapp unter Schulterhöhe und somit weit unten ist der linke Rückspiegel direkt an der A-Säule montiert. Ein davor montierter Windabweiser dient dazu, Luftwirbel zu reduzieren und somit Spiegel samt Fahrerfenster bei Regen sauber zu halten. Der rechte Außenspiegel wurde an einem Spiegelarm weit oben montiert; über die gute Sicht hinaus – Tür- und Frontblick inklusive – wird so vermieden, das sich wartende Fahrgäste am Kopf stoßen. Für die Waschanlage lässt sich der Spiegelarm mit einem kräftigen Ruck demontieren.

Citywide-Cockpit: Viel Platz, gute Bedienung und Sicht.

Foto: Citywide-Cockpit: Viel Platz, gute Bedienung und Sicht.

Heckgestaltung hat der Citywide von seinem Vorgänger (Omnicity) übernommen. Das Auspuffohr endet auf dem Dach.

Foto: Die gelungene Heckgestaltung hat der Citywide von seinem Vorgänger (Omnicity) übernommen.
Das Auspuffohr endet auf dem Dach.

Niederflurbus LF Motor

Foto: Im getesteten Niederflurbus „LF" arbeitete in Fahrtrichtung rechts der kompakte 6,7 l-Motor; in der Mitte ist das ebenfalls quer liegende Getriebe zu sehen.

Viel Platz im Cockpit

Unsere erste Fahrvorstellung ab-solvieren wir mit dem Citywide „LE". Die einflügelige Innenschwenktür gibt den Weg frei ins Cockpit, dass durch sein Podest die einzige Stufe im Low-Entry-Bereich des Citywide bildet. Der Fahrerarbeitsplatz präsentiert sich ansprechend, mit weit verstellbarem Isri-Sitz, so dass sich auch große Personen nicht eingeengt fühlen. Die bereits erwähnten Spiegel gewähren gute Sicht. Armaturen und Lenkrad lassen sich – entsprechend der VDV-Vorgaben – als ganze Einheit verstellen. Sehr übersichtlich und funktionell ist die Anordnung der Armaturen. Über die beiden Rundinstrumente (Tacho, Tourenzähler) hinaus lassen sich weitere Informationen ausschließlich über das zentrale Infodisplay abrufen – dessen Menü sich mit einem Mini-Joystick steuern lässt, der rechts oben in der Armaturentafel sitzt; sicherlich wäre ein Multifunktionslenkrad praktischer, doch die Bedienung ist auch so ganz gut; zudem leuchten beim Betätigen der Starter-Taste die wichtigsten Anzeigen für einige Sekunden auf. Knapp gehalten sind Ablagen. Der Testbus war mit einer durchdachten Heizung und Lüftung ausgestattet, separat regelbar für das Cockpit. Hinzu kommen die Dachfenster, die elektrisch verstellbar sind, was bei einer Stehhöhe von rund zweieinhalb Meter im Niederflurbereich unabdinglich ist. Weiterhin waren Zahltisch mit Münzwechsler sowie Zielanzeigen samt Steuergerät bereits mit an Bord.

Kräftiger Antrieb

Eine Klimaanlage sowie Ablagen beidseitig der Dachkanäle waren ebenso wenig wie Frischluftdüsen vorhanden, was zeigt, dass hier eine einfache Konfiguration zusammengestellt worden war. Vom polnischen Hersteller Ster stammt die Bestuhlung, mit leichter Polsterung auf Kunststoffschalen und Haltegriffen oben wie seitwärts zum Mittelgang. Die teilweise podestlosen Sitze sind hängend montiert, allerdings fest und nicht an Schienen. Die blau-beige Farbgestaltung, aufgelockert durch rote Haltestangen, lassen den Citywide freundlich erscheinen. An den Trittstufen leuchten LED-Dioden, wie auch beim Tagfahrlicht, in den Rückleuchten und an den Positionslichtern. Auf eine mögliche dritte Tür hatte Scania bei unserem Testbus verzichtet – die würden bei den nötigen Stufen zum Hochboden auch nicht unbedingt den Fahrgastfluss erhöhen, wenn man von längeren Bussen einmal absieht

Als Antrieb war der 320 PS (235 kW) starke 9,3 l-Motor DC 09 108 an Bord – der wie alle Euro 6-Busmotoren von Scania mit SCR-Abgassystem ausgestattet ist (abgesehen von Gas- und Ethanol-Varianten). Verzichten konnte Scania bei diesem Motor auf eine Abgasrückführung.

Der Schlüssel gibt nur noch das Bordsystem frei, gestartet wird mittels Startknopf. Der drehmomentstarke Motor (1.600 Nm) erlaubt zügiges Fahren, zudem harmoniert er ausgezeichnet mit dem Wandlerautomaten von ZF. Die Retarderfunktion ist mir der Betriebsbremse kombiniert, außerdem unterstützt die Motorbremse sinnvoll das System.

ESP ist Option, ebenso das automatisierte Opticruise-Getriebe, sicherlich eine Alternative für die Zulassung als Klasse 2-Bus. Die straff ausgelegte Abstimmung trägt zum guten Fahrverhalten bei – solange die Straßen in Ordnung sind; Querrillen oder sonstige Fahrbahnunebenheiten dringen über die starre Vorderachse spürbar durch – wie man es auch am Lenkrad merkt. Doch insgesamt ist unser Eindruck über den ordentlich verarbeiteten Low-Entry-Bus gut.

Citywide LF innen

Foto: Die Niederflurvariante Citywide LF: Wo möglich, sind podestfreie Sitze installiert. Der farbenfröhlich ausgestattete Testbus war für einen italienischen Kunden vorgesehen.

Citywide LE innen

Foto: Die Stufen zum Heck beim Low Entry.

Low-Entry oder Vollniederflur?

Für den reinen Stadtverkehr mit schnellem Fahrgastfluss ist ein durchgehend niederflurig ausgelegter Bus die richtige Lösung, am besten mit drei Doppeltüren, wie bei unserem zweiten Testbus, dem Citywide „LF". Niederflur bis ins Heck bedeutet bei Scania einen Motorturm in Fahrtrichtung rechts, was man recht selten sieht. Diesmal war genug Zeit vorhanden für eine praxisgerechte Auslastung (16,2 t), so dass wir auch den Verbrauch ermitteln konnten. An Bord war jetzt der kleinste Motor im Programm: 6,7 l (DC 07 101) mit 280 PS (206 kW) Leistung.

Das 2013 vorgestellte Aggregat entstammt einer Kooperation zwischen Scania und Cummins und wurde ebenfalls mit dem ZF EcoLife-Getriebe kombiniert. Allerdings ließ die Dynamik des Antriebs zu wünschen übrig, denn der Bus zeigte sich bereits auf leichten Steigungen ziemlich träge, trotz kurzer Achsübersetzung. Um so gespannter waren wir auf den Verbrauch, den wir mit einer Mischung aus Vorort- und Stadtverkehr – einschließlich Stopps an jeder Haltestelle – ermittelten. Das Ergebnis war gut: Bei einem Durchschnittstempo von 24 km/h kamen wir auf Ø 35,8 l Diesel. Damit lag der Citywide nur knapp über dem zuvor getesteten Niederflurbus Citaro (Ø 23 km / h, 34,2 l Diesel), der als besonders sparsam gilt. Dessen Antrieb mit 7,7 l Motor (299 PS) und EcoLife-Getriebe hatte sich allerdings agiler gezeigt.

Citywide mit Hybridantrieb

Scania hat seine Niederflur-Baureihe um einen dieselelektrisch betriebenen Low-Entry-Bus mit Parallel-Antrieb ergänzt. Das Herzstück des Hybridantriebsstrangs bildet der 9,3-Liter-Dieselmotor mit 250 (184 kW), 280 (206 kW) oder 320 PS (235 kW), die stärkste Variante kann auch mit Biodiesel betrieben werden. Kombiniert wird der Dieselmotor mit dem automatisierten Opticruise-Getriebe, an das ein Permanent-Synchron-Elektromotor mit 150 kW Leistung angeflanscht ist. Eine ähnliche Lösung hat sich bereits bei den Hybridantrieben von Volvo bewährt. Scania sieht Hybridbusse vor allem beim Einsatz im Überlandverkehr als effektiv an, daher zunächst die LE-Variante. Dem liegen Kalkulationen zugrunde, nach denen sich erst mit hohen Kilometerleistungen derartige Verbrauchsvorteile ergeben, dass sich die Investition in einen Hybridbus auch rechnet – von der Umweltfreundlichkeit einmal abgesehen.

Jürgen Görgler

Fotos: Görgler, Scania

Technische Daten

Technische Daten Scania Citywide LF (Niederflur)
Motor:
Scania DC 07 101 280 (Euro 6), stehend quer eingebauter Sechszylinder-Reihenmotor, SCR-Abgasnachbehandlung (AdBlue), Katalysator, Partikelfilter
Hubraum: 6.700 cm3
Nennleistung: 206 KW / 280 PS bei 2.100 U/min
Max. Drehmoment: 1.100 Nm (1.200 – 1.600 U/min)
Kraftübertragung:
Getriebe: ZF EcoLife 6-Gang
Fahrwerk:
Antriebsachse: Scania ADA1250
Vorderachse: Scania AMA 780 (starr)
Lenkung: ZF-Servocom 8098
Sicherheitssysteme:
EBS 5, ABS, ASR
Klima:
Elektronisch geregelte Aufdach-Klimaanlage Spheros REVO mit 32 kW Kälteleistung und integrierter Dachheizung
Tankvolumen:
Diesel / AdBlue: 400 l / 45 l
Kapazität:
22 / 66 Sitz- / Stehplätze + Rollstuhlplatz
Preis Testbus: 214.500 Euro

Technische Daten Scania Citywide LE (Low-Entry)
Motor:
Scania DC 09 108 320 (Euro 6), stehend mittig längs eingebauter Fünfzylinder-Reihenmotor, Abgasrückführung (EGR), SCR-Abgasnachbehandlung (AdBlue), Katalysator, Partikelfilter
Hubraum: 9.300 cm3
Nennleistung: 235 KW / 320 PS bei 1.900 U/min
Max. Drehmoment: 1.600 Nm (1.050 – 1.300 U / min)
Kraftübertragung:
Getriebe: ZF EcoLife 6-Gang
Fahrwerk:
Antriebsachse: Scania ADA1300
Vorderachse: Scania AMA 780 (starr)
Lenkung: ZF-Servocom 8098
Sicherheitssysteme:
EBS 5, ZF-Retarder , ABS, ASR
Klima:
Fahrgastraum Konvektorenheizung, Cockpit Konvektor plus Gebläse, Zusatzheizung Spheros 350, keine Klimaanlage
Tankvolumen:
Diesel / AdBlue: 300 l / 31 l
Kapazität:
43 / 37 Sitz- / Stehplätze + Rollstuhlplatz
Preis Testbus: 197.000 Euro

Citywide Hybridantrieb

Foto: Citywide mit Hybridantrieb

EuroBus-Fazit:

Wer überwiegend auf der Ebene unterwegs ist, kann den Citywide auch mit dem kleinem Motor betreiben; vielseitiger einsetzbar wird der Bus jedoch mit den 9 l-Motoren sein, die es zudem in Gas- und Biodiesel-Ausführung gibt. Hinsichtlich Bedienung und Komfort unterscheiden sich „LF" und „LE" nicht, was auch – in Abhängigkeit der Straßenverhältnisse – auf die mitunter harten Reaktionen an den starren Achsen vorne zutrifft. Optisch unterschieden haben sich unsere beiden Testbusse – von der Bodengestaltung und der Türkonfigurationen einmal abgesehen – optisch nur durch die geringere Gesamthöhe mit flacheren Fenstern im „LF". Die Verarbeitung ist ordentlich, die Fahrgeräusche halten sich in Grenzen. Darüber hinaus überzeugt die Baureihe Citywide durch Wirtschaftlichkeit und eine vielseitige Auswahl an Typen, Längen und Antrieben.

Dazu betreibt Scania ein ganzes Netz an Vertragswerkstätten und hält darüber hinaus Angebote hinsichtlich Finanzierung, Service und Flottenmanagement vor.

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