Friedrichshafen als Initialzündung
 

DAS AKTUELLE INTERVIEW

Friedrichshafen als Initialzündung

Montag, 27.07.2015

Der führende Paketreiseveranstalter für frankophone Länder im deutschsprachigen Markt, Touren Service Schweda aus Kehl am Rhein, feierte mit 130 Gästen und einem großen Gourmetabend auf dem RDA-Workshop sein 30-jähriges Unternehmensjubiläum.

Aus diesem Anlass gratulierte RDA-Präsident Richard Eberhardt am abschließenden Messetag Anne Lecat-Schweda und Joachim Schweda (Foto: Berghoff) zum Jubiläum und überreichte mit besten Wünschen für eine weiterhin positive Unternehmensentwicklung ein Oldtimer-Omnibusmodel als Jubiläumspräsent.

Geschäftsführer Joachim Schweda zog eine positive Bilanz zum RDA-Workshop 2015: “Der RDA ist insgesamt ordentlich verlaufen, wir hatten sehr gute, qualifizierte Gespräche. Wir sind insgesamt mit dem Verlauf dieses RDA-Workshops zufrieden, aber nicht euphorisch gestimmt. Friedrichshafen ist einen Versuch wert. Wenn es nicht klappt, können alle immer noch kritisieren, dass der RDA-Vorstand eine einsame Entscheidung getroffen hat. Aber wer nichts entscheidet, erntet auch keine Kritik.“

Joachim Schweda zeichnet darüber hinaus ein differenziertes Bild der Situation rund um den RDA-Workshop und analysiert die Marktbedingungen im Bus- und Gruppentourismus. Joachim Schweda: “In den vergangenen Jahren hatte man manchmal das Gefühl, dass der größte Feind des RDA der RDA selbst ist. Denn eigentlich hat der RDA- Workshop in den letzten Jahren als Leitmesse der Bustouristik immer funktioniert. Sicherlich hätte man sich eine Ausweitung auf andere Kundenschichten gewünscht.

Der Umstand, dass die Messe an Bedeutung verloren hat, liegt aber in erster Linie an einer kompletten Veränderung des Umfeldes, auf die der Verband wenig beziehungsweise gar keinen Einfluss hat: Die immer größere Präsenz des Außendienstes bei den Kunden und vor allem die omnipotente Präsenz des Internets haben das Einkaufsverhalten der Busunternehmen in den letzten Jahren völlig verändert. Informationen und direkte Einkaufskontakte lassen sich heute mit wenigen Klicks herstellen.“

Welchen Einfluss hat das auf das Einkaufsverhalten der Busunternehmen?

Schweda: “Die Beratung über neue Programmkonzeptionen und Preisverhandlungen von Serien erfolgt in der Regel im Haus des Kunden. Zudem erhält der Busunternehmer heute sehr schnell alle benötigten Informationen und auch Kontakte über das Internet. Da ist es doch nur allzu verständlich, dass immer weniger Kunden ihren Sommerurlaub unterbrechen, um nach Köln zu fahren. In den letzten Jahren hat sich somit mehr und mehr herausgestellt, dass der RDA-Workshop eher der Kundenpflege dient, als der Anbahnung neuer Kontakte und viele große Busunternehmen haben ihren Einkauf bereits zum großen Teil abgeschlossen, bevor diese Messe beginnt.“

Ist der Workshop in Köln also falsch terminiert?

Schweda: “Die seit Jahren andauernde Diskussion um den richtigen Zeitpunkt des RDA-Workshops zeigt doch, dass es keinen “richtigen“ Zeitpunkt für diese Messe gibt. Denn nicht nur das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich verändert, sondern auch das Verkaufsverhalten. Dies gilt im Übrigen auch für den Standort. Der Einkauf beginnt heute mit der ITB im März des Vorjahres und zieht sich dann über 18 Monate hin bis in den Herbst des Folgejahres. Denn die Produktion der Kataloge der Busunternehmen ist so variabel wie nie zuvor.
Während große Unternehmen ihren Einkauf im Mai bis Juli abgeschlossen haben, fangen die kleineren Unternehmen oft erst im November an. Jahreskataloge werden immer häufiger durch Zusatzkataloge, Leserreisen und Sonderflyer im Verlaufe der jeweiligen Saison ergänzt oder ersetzt. Dies ist auch eine Folge der dynamischen Preisgestaltung vieler Leistungsträger, die nach dem Yield-Management-System arbeiten. Denn dies führt oft dazu, dass Leistungen, die zu früh eingekauft wurden, oft zu teuer sind. Konkurrenten, die dann auf kurzfristige Schnäppchen setzen, sind oft eindeutig im Vorteil.“

Was bedeutet das für die Katalogproduktion?

Schweda: “Der Wunsch, die gesamte Katalogproduktion der Bus-Touristik „unter einen Hut“ zu bringen, bleibt somit ein frommes, aber leider nicht realisierbares Anliegen. Das weiß sicherlich auch der RDA, bei dem ja viele gestandene Busunternehmen organisiert sind. Seit vielen Jahren sind diese Unternehmen mit dieser Entwicklung konfrontiert, diese konnte oder durfte nicht übersehen werden.
Insofern ist die Idee, einen zweiten Workshop möglichst früh im Jahr zu organisieren, von Seiten der Workshop-Macher verständlich, zumal eine zweite Veranstaltung an einem B-Standort mit Sicherheit frisches Geld in die ziemlich leeren Workshop-Kassen spülen kann. Die große Frage, die sich stellt, ist, ob die Busunternehmen sich trotz der oben beschriebenen anderen Buchungswege zweimal im Jahr zu einer Messe aufmachen, oder ob die eine Messe die andere kanibalisiert.“

Gibt es dazu aus Ihrer Sicht vergleichbare Ereignisse und Erfahrungen?

Schweda:“Als alter Workshop-Teilnehmer habe ich da noch recht gut das Jahr 1997 in Erinnerung, indem der RDA-Workshop im Mai stattfand. Das endete in einem ziemlichen Fiasko, sodass im Herbst eine zweite Messe nachgeschoben wurde, die dann aber auch nicht viel besser lief. Daran haben sich aber sicherlich auch Richard Eberhardt und seine Kollegen erinnert, als sie über eine zweite Messe nachgedacht haben. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Kundenverhalten erheblich verändert. Wir sind, wie bereits dargestellt, von den statischen Katalogen mehr und mehr zu einer Ganzjahres- Werbung übergegangen. Wenn man dem Kundenverhalten gerecht werden will, müsste man zudem auch noch eine dritte Veranstaltung im Herbst als Nach-Ordermesse organisieren.“

Damit wäre Friedrichshafen ein erster Schritt in die richtige Richtung?

Schweda: “Ja, ich halte die Organisation der Messe in Friedrichshafen für eine überlegenswerte Sache. Zwar fiel die Entscheidung des RDA-Vorstandes einsam ohne weitere Diskussion mit den Ausstellern. Nach der ersten Überraschung angesichts dieser Ankündigung kann man aber relativ schnell zu einer sachlichen Diskussion übergehen.

Für die Frühjahrsmesse in Friedrichshafen spricht der Umstand, dass auch heute noch in der Bus-Touristik mehr Verträge individuell und im persönlichen Gespräch abgeschlossen werden als in der gesamten weiteren Touristik. Dies liegt allein in der Struktur der Programme und der Segmentierung des Marktes. Jeder Busunternehmer benötigt ein für ihn individuell zugeschnittenes Programm mit speziellen Fahrtverläufen und Leistungen. Der persönliche Kontakt ist weiterhin also außerordentlich wichtig. Fraglich ist dann nur, ob die vielen neuen, guten Ideen nicht im Laufe der dann beginnende Saison wieder untergehen, um dann im Herbst bei der definitiven Katalogerstellung nur in modifizierter Form und mit geänderten Terminen wieder aufzutauchen.“

Der frühe Zeitpunkt kann aber auch problematisch für Leistungsträger sein?

Schweda: “Der neue Workshop in Friedrichshafen kann den Busunternehmen frühzeitig viele Ideen für das folgende Jahr liefern. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass viele kleinere Leistungsträger zu diesem Zeitpunkt noch keine Preise für das Folgejahr haben. Auch viele Hotelketten kommen mit den definitiven Gruppenpreisen ja erst später heraus. Denn hier wird zunächst immer erst einmal der Verlauf der laufenden Saison abgewartet, um die Preise für das Folgejahr festzulegen oder Verträge mit Partnern zu modifizieren. Der neue Workshop in Friedrichshafen kann insofern nur eine Initialzündung sein, die Konkretisierung gerade komplizierte Angebote wird aber dennoch ein wenig später erfolgen müssen.“

Und wie beurteilen Sie die Standortwahl?

Schweda: “Der Standort selbst ist interessant im Hinblick auf die Schweizer und österreichischen Kunden. Auch die Kunden aus Bayern und Baden-Württemberg, die in den letzten Jahren auf dem RDA-Workshop eher rar geworden sind, könnte der neue Workshop interessieren.

Einen Punkt sollte aber auch der RDA in der Euphorie und Aufbruchsstimmung im Zusammenhang mit dem neuen Workshop nicht vergessen: Dieser wird - genauso wie der traditionelle Workshop im August - auf Dauer nur dann lebensfähig sein, wenn er sich neuen Kundenschichten öffnet. Busunternehmen alleine tragen die Messe in Zukunft nicht mehr. Reisedienste und traditionelle Veranstalter drängen immer mehr und mehr in dieses Segment, auch selbstveranstaltende Reisebüros sind immer stärker an Gruppenreisen interessiert. Die neue Messe muss mit dem Geld, das die Aussteller in diese Aktion investieren, in entsprechender Form aktiv vom Verband beworben werden. Gerade und auch im Hinblick auf diese Veranstaltung steht es dem Verband in Zukunft gut an, den eigenen Mitgliedern die finanziellen Verhältnisse klarer offen zu legen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.“


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